Warum "kaufen oder entwickeln?" die falsche Frage sein könnte
von Gregor Hohpe, Enterprise Strategist, AWS
Sollten Sie Ihre Kernsoftwareanwendungen kaufen oder selbst erstellen? Traditionell beantworteten Führungskräfte diese Frage mit einer einfachen Regel: Erstellen Sie das, was Ihr Unternehmen von anderen unterscheidet, und kaufen Sie den Rest. In einer Welt, in der sich Kundenerwartungen schnell ändern, sind IT-Entscheidungen nicht mehr ganz so einfach – das Unterscheidungsmerkmal von heute ist zwangsläufig die Ware von morgen. Erfahren Sie, wie die Cloud-Technologie neue Möglichkeiten für Ihre IT-Architektur eröffnet und die Frage „kaufen oder entwickeln?“ vielleicht sogar überflüssig macht.
Die Grenzen bei der Entwicklung
Wenn intelligente Führungskräfte vor schwierigen IT-Entscheidungen stehen, nutzen sie Heuristik – einfache Strategien oder mentale Prozesse, die ihnen helfen, Urteile zu bilden, Entscheidungen zu treffen und Lösungen für komplexe Probleme zu finden. Viele Unternehmen verwenden Heuristik, um diese entscheidende Frage zu beantworten: Sollen wir unsere Kernsoftwareanwendungen kaufen oder selbst entwickeln? Ihre einfache Regel lautet: Wenn sich unser Geschäft durch die Funktionalität der Anwendung von anderen abhebt, sollten wir sie selbst entwickeln. Ist dies nicht der Fall, sollten wir sie kaufen.
Dies ist ein guter Ansatzpunkt, IT ist jedoch nicht so einfach. Selbst entwickelte Software unterliegt drei Einschränkungen, die oft ignoriert werden:
Es entstehen Opportunitätskosten.
Die Zeit, die Ihre Entwickler mit der Erstellung eines benutzerdefinierten Projekts verbringen, hätten sie an anderer Stelle in geschäftliche Wertschöpfung investieren können, zum Beispiel durch die Arbeit an einem anderen Produkt. Deshalb müssen Sie sowohl die tatsächlichen Kosten, etwa Vergütung und Ausrüstung, als auch die Opportunitätskosten berücksichtigen, die ein Vielfaches davon betragen können. Der Verkauf kommerzieller Software an eine breite Zielgruppe ist in der Regel günstiger als die Entwicklung eines eigenen Systems. Die Ausnahme ist vielleicht kommerzielle Software, die viele Funktionen enthält, die Sie nicht benötigen. Glücklicherweise ist diese Art von Systemen selten.
Warum "kaufen oder entwickeln?" die falsche Frage sein könnte
Dank der Cloud-Technologie hat diese immerwährende Frage eine neue Antwort
Software ist nur ein Glied in der Kette.
Geschäftlicher Nutzen wird nicht allein durch Softwareentwicklung generiert. Kundenspezifische Software, die auf einer Liste von Funktionen basiert, ist nur das erste Glied in Ihrer Wertschöpfungskette. Sie benötigen außerdem ein passendes Ökosystem aus Transparenz, Supportsystemen und agilen Prozessen. Stellen Sie sich vor, Sie haben ein benutzerdefiniertes Front-End entwickelt, Ihr Back-End-System hat jedoch eine viel langsamere Änderungsrate. In diesem Szenario verschwenden Ihre Softwareentwickler Zeit, während sie auf die Bereitstellung neuer Funktionen warten. Oder Ihre Funktionsliste weist Lücken in Bereichen auf, die für Benutzer am nützlichsten sind. Um überhaupt zu erkennen, dass Ihre Liste unvollständig ist, ist ein hohes Maß an Transparenz erforderlich. Und um die Liste um weitere nützliche Funktionen zu erweitern, benötigen Sie ein ebenso hohes Maß an Agilität.
Sie können sich nicht von Ihrer Eigenentwicklung lösen.
Zahlreiche Unternehmen betrachten die Entwicklung ihrer eigenen Software als einen Gewinn an Freiheit – wenn Sie die Software selbst entwickelt haben, können Sie damit tun, was Sie möchten, richtig? Das stimmt nicht ganz: Sie sind immer noch durch die Komplexität und den Vermögenswert eines Systems gebunden, nur eben eines Systems, das Sie selbst entwickelt haben. Beispielsweise kann die Portierung Ihres Systems zu einer neuen Technologie schwieriger sein als bei kommerzieller Software. Und Einschränkungen der Ressourcen werden wahrscheinlich die Funktionen einschränken, die Sie implementieren können.
Die einfache Frage ob kaufen oder entwickeln ist also gar nicht so einfach. Wie bei jeder IT-Entscheidung muss sorgfältig ausgewertet und abgewogen werden. Um eine gute Entscheidung treffen zu können, ist mehr als eine einfache Regel oder Heuristik erforderlich. Daher lässt sich durch überlegtes Handeln in der IT die Kapitalrendite erheblich steigern.
Über den Autor
Gregor Hohpe
AWS-Unternehmensstratege
In seiner Rolle als Enterprise Strategist bei Amazon Web Services berät Gregor Hohpe führende Anbieter im Bereich Technologie bei der Transformation ihrer Technologieplattform und ihrer Organisation. Dank seiner Erfahrung als Smart Nation Fellow der Regierung von Singapur und als Chief Architect bei der Allianz SE verbindet er die Unternehmensstrategie mit der technischen Entscheidungsfindung und umgekehrt. Er teilt seine Gedanken zur Architektur und Architekten gerne in seinen Büchern, unter anderem Der Softwarearchitektenaufzug und Cloud-Strategie.
Lesen Sie die Blogreihe zum Thema Entwickeln
Teil 1: Drei Fallen, die es zu vermeiden gilt
Teil 2: Abgrenzung
Teil 3: Zuerst kaufen, dann selbst entwickeln
Teil 4: Vielleicht stellen Sie die falsche Frage
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