von Darren Price und Sonal Agrawal übersetzt von Bastian Klein

Abbildung 1: Befreien Sie sich von der Paralyse durch Analyse

In der heutigen Zeit ist es für Unternehmen wichtig, schnell Nutzen aus ihren Geschäftsinitiativen zu ziehen. Neben der digitalen Transformation ist auch die Modernisierung der bestehenden Anwendungslandschaft ein wichtiger Schritt, um Kosten zu senken und die Effizienz zu steigern. Der Einsatz von Cloud-Technologien kann dabei helfen, die Modernisierung zu beschleunigen [EN]. Der Cloud-Modernisierungsplan beginnt mit der Bestandsaufnahme der vorhanden Anwendungen. Basierend darauf können die Anwendungen kategorisiert und priorisiert werden. Dieser Prozess kann komplex sein, da nicht alle Anwendungen sofort modernisiert werden müssen. Kunden wissen oft nicht, womit sie beginnen sollen, was zu Paralyse durch Analyse führen kann.

Dieser Blogbeitrag zeigt, wie Anwendungen mithilfe datengesteuerter Analysen schnell priorisiert werden können.

Häufige Hindernisse

Die Priorisierung der Applikationsmodernisierung hängt sowohl vom Nutzen als auch der technischen Machbarkeit ab. Zunächst wird ein Portfolio aller Applikationen erstellt und ein Kategorisierung in die 7 R’s für gängige Migrationstrategien [EN] vorgenommen. Dabei kann der „Refactor“-Ansatz nach einer Weile frustrierend erscheinen.

Bei der Priorisierung der Anwendungen gibt es häufig auftretende Herausforderungen, die die Modernisierung behindern können. Ein solches Hindernis ist die fehlende Verknüpfung zwischen den Modernisierungsprioritäten und den damit verbundenen Geschäftszielen. Oft wird die Komplexität der Modernisierung unterschätzt, was zu Verzögerungen des Zeitplans führt. Weitere Hindernisse können durch den Versuch, zu viele Applikationen gleichzeitig anzugehen, fehlende Dokumentation und dem Übersehen von Abhängigkeiten entstehen. Dies kann zu einer Paralyse durch Analyse führen. Um diese Hürden zu überwinden, ist eine umfassende und schnelle Bewertung der Applikationen, sowie ein Modell zu Priorisierung wichtig, das sowohl die technische Machbarkeit als auch den entstehenden Geschäftsnutzen berücksichtigt.

Priorisierungsmodell

Bei diesen Hindernissen ist es nicht verwunderlich, dass 74% der Modernisierungsvorhaben scheitern [EN, extern]. Amazon’s „Working Backwards“-Ansatz erinnert uns daran, die Applikationsmodernisierung an dem Geschäftsnutzen auszurichten. Sobald der zu erreichende Nutzen definiert und verstanden ist, kann mit der Datensammlung für die zu modernisierenden Applikationen begonnen werden.

Das folgende Beispiel fokussiert sich auf Kostenreduktion und erhöhte Agilität (schnellere Anpassung an sich verändernde Bedingungen). Basierend darauf verwenden wir den Leitfaden von SAFe [EN, extern], um aussagekräftige Metriken zu sammeln:

1. Bewerten und verstehen des Geschäftsnutzens – Kostensenkungen durch operative Effizienz und Agilität
2. Sammeln von Richtungsmetriken (mit einem Fokus auf Geschwindigkeit anstelle von Perfektion)
   • Anzahl der auftretenden Fehler in der Produktionsumgebung der letzten 30 Tage
   • Anzahl der manuellen Nacharbeiten
   • Anzahl der redundanten Dateneingaben in zwei verschiedenen Systemen
   • Anzahl der neuen Anforderungen an das System innerhalb des letzten Jahres
   • Implementierungszeit für eine einfache Anforderung
3. Klassifizieren der Applikationen basierend auf Häufigkeit der Nutzung und Kritikalität
   • Die Häufigkeit der Nutzung wird durch die Anzahl der Zugriffe bestimmt, z.B. täglich, wöchentlich oder monatlich.
   • Kritikalität (niedrig/mittel/hoch) kann anhand verschiedener Faktoren wie Umsatz, Regulierung, Kundenerlebnis oder Markenimage bestimmt werden.

Aus der Datensammlung entsteht eine priorisierte Liste, wie in Abbildung 2 zu sehen ist.

Abbildung 2: Tabellarische Ausgabe der wichtigsten Anwendungsmetriken zur Bestimmung der Priorität

In diesem Beispiel hat Applikation 1 durch die höchste Anzahl an Fehlern, die Anzahl neuer Anforderungen und die hohe Zeit diese zu implementieren die höchste Priorität. Obwohl Applikation 2 eine höhere Kritikalität zugeordnet wurde, wird ihr nur die zweite Priorität zugewiesen. Der Hauptgrund hierfür ist die niedrige Anzahl an Fehlern, sowie wenig neue Anforderungen, die schnell umgesetzt werden können. Applikation 3 bekommt die dritte Priorität, da sie eine niedrige Kritikalität und wenige Probleme in allen Metriken aufweist.

Diese vereinfachte Analyse zeigt einen schnellen Weg zu einer Priorisierung. Exaktere Analysen können erstellt werden, indem Metriken gewichtet werden und daraus eine Auswertung erstellt wird.

Die resultierende Liste der Applikation zeigt einen klaren Startpunkt und beantwortet damit die Frage “Womit soll ich beginnen?”. Im folgenden zeigen wir zwei Ansätze, wie Applikationen modernisiert werden können, um einen Geschäftsnutzen daraus zu ziehen.

Ansatz A – Schnelle Erfolge durch Anwendung des Strangler Fig-Pattern

Die Modernisierung von Anwendungen mit hohem manuellen Aufwand hilft dabei Support-Kosten zu reduzieren und Kundenprobleme zu beheben. Applikation 1 aus dem oben genannten Beispiel kann mithilfe des “Strangler Fig”-Pattern [EN] modernisiert werden. Dieses Muster entkoppelt die Applikationsarchitektur iterativ von einem Monolithen hin zu einer Microservice-Architektur. Dadurch können inkrementell neue Funktionalitäten hinzugefügt werden, ohne bestehende Funktionalität zu beeinträchtigen. Dieses Vorgehen reduziert das Risiko, da es sich typischerweise um eine einfache und schnell umzukehrende Entscheidung handelt.

Die Anwendung dieses Musters fördert das Vertrauen der Fachabteilungen und steigert deren Unterstützung der Modernisierung. Zusätzlich können Fachabteilungen neue, wichtige Funktionalitäten während der Modernisierung hinzufügen, ohne auf deren Abschluss warten zu müssen.

Ansatz B – Beseitigung der menschlichen Schnittstelle

Ein häufig auftretendes Phänomen bei Fachabteilungen ist die Verwendung inkompatibler Anwendungen, was zu hohem manuellen Aufwand, wie z.B. dem redundanten Eintragen von Daten in unterschiedlichen Systemen, führt. Diese fehlende Integration zwischen Systemen wird meist durch das Hinzufügen neuer Applikationen gefördert. Da das Resultat erhöhte Ineffizienz, höhere Wartungskosten und zusätzliche Risiken sind, empfehlen wir dieses Phänomen priorisiert zu beheben.

Im vorherigen Beispiel hatte Applikation 2 zehn manuelle Nacharbeiten, was ein starker Hinweis auf redundante Dateneingabe ist. Bei der Modernisierung von Applikation 2 sollte daher besonders auf eine nahtlose Integration in die bestehende Systemlandschaft geachtet werden. Das ermöglicht dem Fachbereich Daten zentral zu pflegen und einzusehen.

Nächste Schritte

Wir empfehlen die folgenden nächsten Schritte, um Ihre Priorisierung voranzutreiben:

1. Arbeiten Sie mit Ihren Fachabteilungen zusammen, um deren Ziele zu identifizieren
2. Richten Sie Geschäftsziele an leicht zugänglichen Metriken aus
3. Heben Sie Anwendungen mit höchster Priorität hervor und zeigen Sie inkrementelle Steigerung des Nutzens

Für weitere Unterstützung und Expertise können Sie AWS Professional Services oder Partner [EN] in Anspruch nehmen, um eine Analyse der Anwendungsmodernisierung durchzuführen. Viele Kunden sind erfolgreich, indem sie ihre Cloud-Transformation mit “Experience-Based Acceleration (EBA)“ auf ein höheres Niveau heben [EN].

Fazit

Das Thema der Applikationsmodernisierung wirft die Frage “Wo soll ich beginnen?” auf. Dieser Blogbeitrag zeigt einen schnellen Ansatz auf, diese Frage zu beantworten. Dabei hilft Amazon’s “working backwards”-Ansatz die richtigen Metriken herauszusuchen, um datengetrieben einen priorisierten Modernisierungsplan zu erstellen. Diesem Ansatz folgend vermeiden Sie Paralyse durch Analyse, erzielen schnelle erste Erfolge und nehmen so Schwung für die weitere Modernisierung mit.

Über die Autoren

Darren Price ist Customer Solutions Manager für Finanzdienstleistungen bei AWS. Er hat sich in seiner Karriere darauf konzentriert, vertrauensvolle Beziehungen zu Kunden aufzubauen, komplexe Programme zu leiten und globale Teams aufzubauen und zu inspirieren. Bevor er zu AWS kam, hatte er mehrere Führungspositionen inne, die sich auf die digitale Transformation in den Bereichen Finanzdienstleistungen, Transport und öffentlicher Dienst konzentrierten.

Sonal Agrawal ist Senior Solutions Architect bei Amazon Web Services in Atlanta, GA. Sie verfügt über mehr als 18 Jahre Erfahrung in der Architektur und Implementierung von Lösungen mit Schwerpunkt Banken- und Automobilindustrie. Sie ist begeistert vom Erlernen neuer Cloud-Technologien und unterstützt Kunden bei der Entwicklung von Strategien zur Cloud-Einführung, der Entwicklung innovativer Lösungen und der Förderung operativer Exzellenz. Außerhalb der Arbeit verbringt sie gerne Zeit mit ihren Kindern.